Ausstellung in der Galerie Annedore Iwersen

In der Zeit vom 09.05.09 bis zum 01.08.09 jeweils von Montag bis Samstag von 15.00 bis 18.00 Uhr stellen wir Exponate in der Galerie der Handweberin Annedore Iwersen im Fruerlundhof in 24943 Flensburg aus. Sie erreichen die Galerie unter der Telefonnummer 0461-39810

 

Dr. Claudia Kanowski
Kuratorin am Bröhan-Museum, Landesmuseum für Jugendstil, Art Deco und Funktionalismus, Berlin (von 2001-2004 Kuratorin für Kunsthandwerk an der Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloß Gottorf)

Auszüge Eröffnungsrede zur 25. Ausstellung aus der Reihe
„Kunsthandwerk und Design“ bei Annedore Iwersen, Flensburg
Samstag, den 9. Mai 2009

 

Susanne Mücket, Silberschmuck & Porzellan, Gross Breesen

Von den Triennalen des norddeutschen Kunsthandwerks ist mir Susanne Mücket mit ihren Porzellanobjekten noch gut in Erinnerung, allerdings unter ihrem Mädchennamen Susanne Kaufhold. Auch ihr jetziger Mann, Jörg Mücket, war mit seinen ochsenblutroten keramischen Objekten vertreten.

Werk
Ihre Arbeiten lassen sich in drei Gruppen zusammenfassen:
Porzellanobjekte / Porzellanplattenbilder
Porzellan-Silberschmuck
Steinzeuggeschirr
Die Porzellanobjekte weisen klare, streng-stereometrische Formen auf, die einen Bildträger für die grafischen Dekore bilden. Die abstrakten, spontan wirkenden Linien- und Flächendekore stehen im spannungsreichen Kontrast zur Strenge der Form. Teilweise sind die Konturen unscharf, wirken dadurch fast wie geheimnisvolle Fotografien, die etwas verbergen, das noch entschlüsselt und entwickelt werden muss. Bei den Plattenbildern ist das Interesse der Künstlerin am Dialog zwischen der Einheit und dem Fragment zu beobachten. So gibt es Kompositionen, die z.B. aus 16 einzelnen keramischen Quadraten zusammengesetzt sind, untereinander mit Drähten verbunden und in einem Rahmen eingefügt. Der grafische Dekor ist übergreifend angeordnet, verbindet die einzelnen Teile miteinander und wird zugleich durch deren Getrenntsein fragmentiert. Ein reizvoller Kontrast, der auch beim Schmuck (quadratischen Halsreif-Anhängern) wiederkehrt.
Susanne Mücket formuliert zu ihren Porzellanobjekten selbst: „Ein Gefäß frei aufzubauen, um eine Grafik aus meinem Gedanken- und Erlebnisfundus zu entwickeln, bleibt eine immerwährende Herausforderung.“ Das Gefäß wird zum Ausdrucksträger für grafische Konzepte.
Mücket versteht das Material Porzellan als malerisch und grafisch zu nutzendes Material. Das Besondere des äußersten feinen Tons Porzellan ist ja das Durchscheinende. Wenn man eine dünnwandige Porzellantasse gegen das Licht hält, ist sie durchscheinend – besonders asiatische Porzellankummen. Durch Auswaschungen und extremes Auswalzen der Porzellanplatten erzielt Susanne Mücket, dass ihre Porzellanobjekte „Lichtfenster“ bilden.
Die Schmuckkreationen von Susanne Mücket setzen diesen bildnerischen Ansatz auf ihre Weise ebenfalls um. Colliers bestehen z.B. aus Stahlseilen, an denen bildgleich in Silber gefasste Porzellan- und Kunststoffkreationen hängen. Platten mit grafischen Linienmustern, z.T. wie erwähnt fragmentiert. Farbakzente bilden Materialien wie Koralle, Achat oder Lava.
Die dritte Gruppe bilden Geschirre aus Steinzeug. Im Gegensatz zu den eben vorgestellten Werkgruppen sind sie auf der Töpferscheibe gedreht und teilweise montiert. Auch hier bleibt sich Susanne Mücket treu: Die Wandungen sind mit zarten Liniengebilden dekoriert, teilweise sind Figuren im Raum zu erkennen. Den Dialog zwischen den zweidimensionalen Grafiken und den runden, dreidimensionalen Formen einer Kanne oder Dose aufzunehmen, stellt eine besondere Schwierigkeit dar. Susanne Mücket löst sie, indem beispielsweise der Rand eines Deckels zu einem Feld wird, der der dargestellten Figur umgebenden Raum verschafft.
Die Engoben, mit denen die Geschirre überzogen sind, weisen z.T. starke Farben auf, z.B. Blau oder Dunkelgrün.

Jörg Mücket, Keramik, Gross Breesen

Im Gegensatz zu den Arbeiten seiner Frau sind die Keramiken von Jörg Mücket ausnahmslos auf der Töpferscheibe frei gedreht. Sie vermeiden scharfe Kanten. Die größeren Gefäße sind doppelwandig gefertigt.
Ihren besonderen Reiz erhalten Jörg Mückets durch die roten sog. „Ochsenblut-Glasuren“ mit den Rissen, den Craqueluren / Craquelés.
Diese alte, ursprünglich chinesische Glasur-Technik setzt höchste technische Geschicklichkeit voraus. Sie beruht auf den physikalischen Prozessen, die vor sich gehen, wenn Metalloxide, wie in diesem Fall das Kupferoxid oder auch Kobaltblau, reduzierend gebrannt werden, ihnen also der Sauerstoff entzogen wird. In der Glasur entstehen Risse, wenn sie abkühlt und durch das Fehlen des Sauerstoffes eine verstärkte Oberflächenspannung entsteht. Ursprünglich waren diese Glasureffekte, ebenso wie die Kristallbildungen, „Unfälle“, denen die Chinesen jedoch schon im 17. Jahrhundert ästhetischen Reiz abzugewinnen verstanden. Sie steuerten diese Reaktionen – Zufälligkeiten zu steuern ist natürlich sehr viel schwieriger, als sie unbewusst einfach geschehen zu lassen. In Europa erkannte man den enormen Reiz dieser Glasurtechniken im 19. Jahrhundert, denken Sie an die Ochsenblut- und Kristallglasur-Porzellane der großen Porzellanmanufakturen in Sèvres, Berlin, Kopenhagen und andernorts, die zur Zeit von Historismus und Jugendstil entwickelt wurden. Jede Manufaktur richtete damals eigene chemische Versuchslabors ein, um diese Verfahren zu elaborieren.
Jörg Mücket erzielt sie ganz für sich allein, mit seinem Gasbrennverfahren. Seine Keramiken sind hochwertige, eigenständige Kunstwerke von ungeheurem ästhetischem Reiz und hoher Sinnlichkeit. Die kräftigen, runden, teils asymmetrischen Formen erinnern an Steine und stellen einen Gegensatz zu den teils zarten Craquelés und den engen Mündungen dar. Die Glasuren entwickeln eine nuancenreiche, zwischen Rot und der Komplementärfarbe Grün changierende Farbigkeit. Wie in der asiatischen Kulturtradition, fragen sie nicht nach Schubladen – Kunsthandwerk oder freier Kunst – sie sind Kunst.
Das heißt nicht, dass es keine Gebrauchsgegenstände sind. Als seine Lieblingsgebiet bezeichnet er sogar Teegeschirre und keramische Tabakspfeifen

 

 

Frau Claudia Kanowski und Frau Annedore Iwersen

Frau Dr. Claudia Kanowski und Annedore Iwersen bei der Ausstellungseröffnung

 

Blick in die Galerie

Blick in die Galerie zu den Ausstellungsstücken